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BGH: "Abo-Fallen" im Internet, Urteil vom 05.03.2014, AZ: 2 StR 616/12

Internetseite verschleiert gezielt Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung: Auf Täuschung abzielende Gestaltung von Internetseiten ist versuchter Betrug

 

Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung wegen versuchten Betruges durch Betreiben sogenannter "Abo-Fallen" im Internet

 

 

Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Aufgrund überlanger Verfahrensdauer hat es angeordnet, dass vier Monate der verhängten Strafe als vollstreckt gelten.

 

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte verschiedene kostenpflichtige Internetseiten, die jeweils ein nahezu identisches Erscheinungsbild aufwiesen, unter anderem einen sogenannten Routenplaner. Die Inanspruchnahme des Routenplaners setzte voraus, dass der Nutzer zuvor seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift und E-Mail-Adresse sowie sein Geburtsdatum eingab. Aufgrund der vom Angeklagten gezielt mit dieser Absicht vorgenommenen Gestaltung der Seite war für flüchtige Leser nur schwer erkennbar, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte. Die Betätigung der Schaltfläche "Route berechnen" führte nach einem am unteren Seitenrand am Ende eines mehrzeiligen Textes klein abgedruckten Hinweis zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements, das dem Nutzer zum Preis von 59,95 € eine dreimonatige Zugangsmöglichkeit zu dem Routenplaner gewährte. Dieser Fußnotentext konnte in Abhängigkeit von der Größe des Monitors und der verwendeten Bildschirmauflösung erst nach vorherigem "Scrollen" wahrgenommen werden.

 

Nach Ablauf der Widerrufsfrist erhielten die Nutzer zunächst eine Zahlungsaufforderung. An diejenigen, die nicht gezahlt hatten, versandte der Angeklagte Zahlungserinnerungen; einige Nutzer erhielten zudem Schreiben von Rechtsanwälten, in denen ihnen für den Fall, dass sie nicht zahlten, mit einem Eintrag bei der "SCHUFA" gedroht wurde.

 

Das Landgericht hat den Angeklagten im Hinblick auf die einmalige Gestaltung der Seite nur wegen einer Tat und im Hinblick darauf, dass die Ursächlichkeit der Handlung für einen konkreten Irrtum eines Kunden nicht nachgewiesen sei, nur wegen versuchten Betrugs verurteilt.

 

Gegen dieses Urteil hat sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision gewandt. Er hat vor allem beanstandet, dass unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben eine Täuschungshandlung nicht vorliege und im Übrigen den Nutzern auch kein Vermögensschaden entstanden sei.

 

Der 2. Strafsenat hat das Rechtsmittel verworfen. Er hat ausgeführt, dass durch die auf Täuschung abzielende Gestaltung der Internetseite die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung gezielt verschleiert worden sei. Dies stelle eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB dar. Die Erkennbarkeit der Täuschung bei sorgfältiger Lektüre schließe die Strafbarkeit nicht aus, denn die Handlung sei gerade im Hinblick darauf unternommen worden, die bei einem – wenn auch nur geringeren - Teil der Benutzer vorhandene Unaufmerksamkeit oder Unerfahrenheit auszunutzen.

 

Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). Die Richtlinie führe jedenfalls hier nicht zu einer Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes.

 

Auch ein Vermögensschaden sei gegeben. Dieser liege in der Belastung mit einer bestehenden oder auch nur scheinbaren Verbindlichkeit, da die Gegenleistung in Form einer dreimonatigen Nutzungsmöglichkeit für den Nutzer praktisch wertlos sei.

 

 

Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 616/12

 

Landgericht Frankfurt am Main - Urteil vom 18. Juni 2012 - 5-27 KLs 12/08

 

Karlsruhe, den 6. März 2014

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2012 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen.

Gründe

 

Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Aufgrund überlanger Verfahrensdauer hat es angeordnet, dass vier Monate der verhängten Strafe als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

 

A. I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

1. Der Angeklagte war Geschäftsführer der Firma N. Ltd. Das von dieser betriebene Unternehmen unterhielt von August 2006 bis zum 31. August 2007 verschiedene kostenpflichtige Internetseiten, unter anderem die Seite "www.routenplanerserver.com", auf der ein Online-Routenplaner angeboten wurde.

 

Diese Internetseite, für deren Gestaltung der Angeklagte verantwortlich war, war dergestalt aufgebaut, dass bei ihrem Aufruf zunächst eine Startseite erschien, auf der von dem Nutzer verschiedene Angaben zum Stand- und Zielort zu machen waren. Auf der Startseite befand sich in Fettdruck auch ein Hinweis auf ein Gewinnspiel. Eine Information darüber, dass für die Nutzung des Routenplaners ein Entgelt zu zahlen war, enthielt die Startseite nicht.

 

Nach Betätigung der Schaltfläche "Route berechnen!" erschien eine neue Seite, über der sich eine Grafik befand, in der wiederum auf das Gewinnspiel hingewiesen wurde. Auf derselben Seite gab es auch eine so genannte Anmeldemaske, in welche der Nutzer seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift, E-Mail-Adresse und Geburtsdatum einzutragen hatte. Die Anmeldemaske war in kursiver Schrift mit den Worten überschrieben: "Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus!" Im unteren Bereich der Seite war von dem Nutzer die Schaltfläche "ROUTE PLANEN" anzuklicken. Unterhalb dieser Schaltfläche befand sich ein Fußnotentext, auf den mit einem Sternchenhinweis verwiesen wurde. Am Ende dieses mehrzeiligen Fußnotentextes war der Preis für einen dreimonatigen Zugang zu dem Routenplaner in Höhe von 59,95 € in Fettdruck ausgewiesen. In Abhängigkeit von der Größe des Monitors und der verwendeten Bildschirmauflösung endete der sichtbare Teil der Internetseite unmittelbar nach der Schaltfläche "ROUTE PLANEN", so dass der Hinweis auf das zu zahlende Entgelt auf den ersten Blick nicht wahrzunehmen war. Das zu zahlende Entgelt in Höhe von 59,95 € war auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt, die über den Link "AGB und Verbraucherinformation" aufrufbar waren und von dem Nutzer akzeptiert werden mussten. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielten darüber hinaus eine Bestimmung, wonach dem Nutzer über den Betrag in Höhe von 59,95 € eine Rechnung zugesandt und der Rechnungsbetrag vorbehaltlich des Widerrufsrechts unmittelbar nach Vertragsschluss fällig werde.

 

Zur Prüfung einer möglichen Strafbarkeit durch das Betreiben der Internetseite hatte sich der Angeklagte bereits im Jahr 2006 an seinen Verteidiger, Rechtsanwalt P. , gewandt, der ihn an seinen Sozietätskollegen, Rechtsanwalt G. , weiterverwies. Dieser gab dem Angeklagten ein im August 2006 für einen Dritten erstattetes Gutachten über die strafrechtliche Beurteilung eines auf einer vergleichbaren Internetseite angebotenen kostenpflichtigen Intelligenztests zur Kenntnis. Darin kam er zu dem Ergebnis, dass eine Strafbarkeit wegen Betrugs schon deswegen nicht in Betracht komme, weil keine Täuschungshandlung vorliege.

 

Aufgrund der Klage eines Verbraucherschutzverbandes wurde der Angeklagte am 27. Juni 2007 vom Landgericht Frankfurt am Main verurteilt, es zu unterlassen, Internetseiten (mit ähnlichem Erscheinungsbild) zu betreiben, ohne die Preise für die Inanspruchnahme der angebotenen Leistungen deutlich zu machen. Das Urteil wurde ihm am 2. Juli 2007 zugestellt. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung nahm der Angeklagte aufgrund eines Hinweisbeschlusses des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 6. Mai 2008 zurück. Weitere gleichgelagerte Entscheidungen durch das Landgericht Frankfurt am Main vom 5. September 2007 folgten, sie wurden vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 4. Dezember 2008 und in einem Fall vom Bundesgerichtshof mit Entscheidung vom 25. März 2010 bestätigt (UA S. 31 f.).

 

2. Spätestens zum 1. September 2007 führte die O. Ltd. die zuvor von der N. Ltd. betriebenen Internetseiten in unveränderter Form weiter. Die O. Ltd. hatte in der Zeit vom 1. März 2007 bis zum 31. Oktober 2007 ihren Sitz zunächst in W. ; zum 1. November 2007 wurde der Firmensitz zum Schein nach Ob. verlegt. Geschäftsführerin der O. Ltd. war die ursprüngliche Mitangeklagte D. , die im Jahr 2005 ohne Deutschkenntnisse als "Au Pair-Mädchen" aus der Slowakei nach Deutschland gekommen und zum Zeitpunkt ihrer Eintragung als Geschäftsführerin 21 Jahre alt war. Tatsächlich wurden die Geschäfte der O. Ltd. von dem Angeklagten geführt, der nach außen hin als Prokurist auftrat.

 

Insgesamt 261 Nutzer, die den Kostenhinweis auf der Internetseite "www.routenplanerserver.com" nicht zur Kenntnis genommen hatten, erstatteten Strafanzeige, nachdem sie nach Ablauf der Widerrufsfrist per E-Mail oder per Post eine Zahlungsaufforderung erhalten hatten. Zehn Anzeigeerstatter zahlten das Entgelt in Höhe von 59,95 €. An diejenigen, die nicht gezahlt hatten, wurden Zahlungserinnerungen versandt; einige erhielten zudem Schreiben von Rechtsanwälten, in denen ihnen für den Fall, dass sie nicht zahlten, mit einem Eintrag bei der "Schufa" gedroht wurde.

 

II. Das Landgericht hat in der verantwortlichen Gestaltung der Internetseiten durch den Angeklagten einen versuchten Betrug gesehen. Der Angeklagte habe die Absicht gehabt, durch die äußere Form der Internetseite über deren Kostenpflichtigkeit zu täuschen und den Nutzern jeweils einen Vermögensschaden in Höhe von 59,95 € zuzufügen. Der Schaden habe darin liegen sollen, dass die Internetnutzer, die nach Eingabe ihrer Daten die Schaltfläche "ROUTE PLANEN" betätigt hatten, dadurch einen - wenn auch zivilrechtlich anfechtbaren - Vertrag geschlossen hätten, der sie zur Zahlung von 59,95 € verpflichtet habe, obwohl die Leistung auch umsonst erhältlich gewesen sei (UA S. 73). Darüber hinaus sei der Vertrag nicht auf eine einmalige Leistung, sondern auf ein Abonnement gerichtet gewesen, was den Internetnutzern, die den Kostenhinweis nicht wahrgenommen hätten, gar nicht bekannt gewesen sei. Daher habe zum einen keine Möglichkeit zur Nutzung bestanden, zum anderen sei diese Nutzungsmöglichkeit wirtschaftlich sinnlos gewesen, wenn die Nutzer anlassbezogen eine einzelne Route planen wollten (UA S. 75). Einen vollendeten Betrug hat das Landgericht, das lediglich drei der Anzeigeerstatter als Zeugen vernommen hat, mit der Begründung verneint, es sei nicht nachzuweisen, dass tatsächlich Nutzer der Seite getäuscht worden seien. Aufgrund des dem Angeklagten bekannten Gutachtens vom 2. August 2006, auf das er vertraut habe, habe ihm zunächst die Einsicht gefehlt, Unrecht zu tun. Nachdem ihm am 2. Juli 2007 das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zugestellt worden sei, habe er aber mit bedingtem Unrechtsbewusstsein gehandelt; ihm sei spätestens ab diesem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass er durch die Gestaltung der Internetseiten gegen zivilrechtliche Normen verstoße (UA S. 79). Angesichts von Verschleierungshandlungen im Sommer/Herbst 2007 (Einschaltung von Scheingeschäftsführern, Umfirmierungen und Sitzverlegungen) sei die Strafkammer überzeugt, dass dem Angeklagten tatsächlich bewusst gewesen sei, durch seine Seitengestaltung gegen geltendes Recht zu verstoßen.

 

B. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I. Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.

 

II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Schuld- und Strafausspruch begegnen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

 

1. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bei dem Angeklagten Vorsatz hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale des Betrugs gegeben ist.

 

a) Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe den Vorsatz gehabt, die Nutzer der Internetseite "www.routenplanerserver.com" über die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung zu täuschen, wird von den Feststellungen getragen.

 

aa) Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Dabei kann die Täuschung nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 3).

 

Auf eine solche Täuschungshandlung richtete sich der Vorsatz des Angeklagten. Der Internetseite und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen war zwar bei genauer Lektüre zu entnehmen, dass die Inanspruchnahme des Routenplaners zum Abschluss eines Abonnementvertrages führte und zur Zahlung eines Entgelts in Höhe von 59,95 € verpflichtete. Die Strafkammer hat den Vorsatz aber ohne Rechtsfehler daraus abgeleitet, dass der Angeklagte durch den gewählten Aufbau der Internetseite die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung verschleiert hat, indem er den Hinweis auf das anfallende Nutzungsentgelt an einer Stelle platziert hat, an der mit einem solchen Hinweis nicht zu rechnen war. Der Hinweis war nicht - wie insbesondere bei Leistungen zu erwarten ist, die im Internet problemlos kostenfrei in Anspruch genommen werden können - im örtlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit den Angaben angebracht, die sich auf die angebotene Leistung beziehen. Er war vielmehr in einem Fußnotentext enthalten, dessen Inhalt der Nutzer nur dann zur Kenntnis nehmen konnte, wenn er dem neben der Überschrift zur Anmeldemaske befindlichen Verweis in Form eines Sternchens folgte. Diese Gestaltung spricht dafür, dass der Angeklagte tatsächlich eine Kenntnisnahme der Kostenpflichtigkeit durch die Nutzer verhindern wollte. Hierfür spricht auch, dass der Fußnotentext bei der im Tatzeitraum statistisch am häufigsten verwendeten Bildschirmgröße und -auflösung erst nach vorherigem "Scrollen" wahrgenommen werden konnte (so auch OLG Frankfurt am Main, NJW 2011, 398, 400 f.). Auch die wiederholte Hervorhebung der Gewinnspielteilnahme zielte erkennbar darauf ab, die Aufmerksamkeit des Nutzers darauf zu lenken und so durch die Gesamtgestaltung der Internetseite darüber hinwegzutäuschen, dass für die Inanspruchnahme des Routenplaners ein Entgelt zu zahlen war.

 

Zudem liegt in der Gestaltung der Internetseite ein Verstoß gegen die Vorschriften der Preisangabenverordnung (PAngV). Diesem Umstand kommt in Fällen, in denen - wie hier - ein Kostenhinweis lediglich an versteckter Stelle enthalten ist, für die Beurteilung einer Täuschungshandlung und eines darauf gerichteten Vorsatzes indizielle Bedeutung zu (vgl. Fischer, 61. Aufl., § 263 Rn. 28a; Eisele, NStZ 2010, 193, 196; Brammsen/Apel, WRP 2011, 1254, 1255; Hatz, JA 2012, 186, 187). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat derjenige, der Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). Diese Angaben müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV sind die Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen und leicht erkennbar sowie deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Soweit auf der Internetseite des Angeklagten lediglich ein Sternchen auf eine Fußnote verwiesen hat, in der das zu zahlende Entgelt ausgewiesen war, genügt dies den beschriebenen Anforderungen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - I ZR 187/97, BGHZ 139, 368, 377; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2009, 265, 266) und trägt den landgerichtlichen Schluss, der Angeklagte sei bestrebt gewesen, die Kostenpflichtigkeit des Angebots täuschend zu verschleiern.

 

Nichts anderes ergibt sich aus der Tatsache, dass die für die Nutzung anfallenden Kosten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgewiesen waren. Da bereits die Hauptseite keinen deutlichen und leicht erkennbaren Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit enthielt, konnten und mussten die Nutzer nicht damit rechnen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine solche für die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Leistung wesentliche Angabe beinhalteten (ebenso OLG Frankfurt am Main, NJW 2011, 398, 402). Dass der Angeklagte trotz Mitteilung des anfallenden Entgelts auch insoweit beabsichtigte, potentielle Nutzer zu täuschen, wird zudem daraus ersichtlich, dass die entsprechende Preisklausel erstmals in einer drucktechnisch nicht hervorgehobenen Bestimmung auf der dritten Bildschirmseite enthalten und das konkret zu zahlende Entgelt in Höhe von 59,95 € erst einer weiteren Bestimmung auf der fünften Bildschirmseite zu entnehmen war (UA S. 19 f.).

 

bb) Der Annahme von Täuschungsabsicht steht nicht entgegen, dass der Hinweis auf die Entgeltlichkeit bei sorgfältiger, vollständiger und kritischer Prüfung erkennbar war. Es ist zwar nicht Aufgabe des Strafrechts (und des Betrugstatbestands), allzu sorglose Menschen vor den Folgen ihres eige- nen unbedachten Tuns zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1952 - 5 StR 358/52, BGHSt 3, 99, 103; Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 4). Doch lassen Leichtgläubigkeit des Opfers oder Erkennbarkeit einer auf die Herbeiführung eines Irrtums gerichteten Täuschungshandlung weder aus Rechtsgründen die Täuschungsabsicht entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199, 201 f.; Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313, 314; Urteil vom 4. Dezember 2003 - 5 StR 308/03, NStZ-RR 2004, 110, 111) noch schließen sie eine irrtumsbedingte Fehlvorstellung aus.

 

An dieser Rechtsprechung ist auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken; ABl. 2005 L149 S. 22) festzuhalten.

 

Gemäß Art. 6 (1) d) der Richtlinie 2005/29/EG gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie falsche Angaben enthält und somit unwahr ist oder wenn sie in irgendeiner Weise, einschließlich sämtlicher Umstände ihrer Präsentation, selbst mit sachlich richtigen Angaben den Durchschnittsverbraucher in Bezug auf den Preis täuscht oder ihn zu täuschen geeignet ist und ihn in jedem Fall tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Der Richtlinie liegt daher im Grundsatz das Leitbild eines durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbrauchers zugrunde (vgl. auch den Erwägungsgrund 18).

 

Soweit unter Verweis auf dieses Leitbild in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten wird, aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung des Betrugstatbestands liege eine strafrechtlich relevante Täuschung nur dann vor, wenn die im Geschäftsverkehr getätigte Aussage geeignet ist, eine informierte, aufmerksame und verständige Person zu täuschen (Soyka, wistra 2007, 127, 132; SSW/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 113 f.; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., 2012, § 10 Rn. 17, 21; Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, 6. Aufl., 2013, § 9 Rn. 104 f.; Ruhs in Festschrift für Rissingvan Saan, 2011, S. 567, 579 ff.; vgl. auch Dannecker, ZStW 2005, 697, 711 f.), folgt der Senat dieser Ansicht nicht.

 

Die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung wird überwiegend aus Art. 4 Abs. 3 EUV (früher: Art. 10 EGV) und aus Art. 288 Abs. 3 AEUV (früher: Art. 249 Abs. 3 EGV) abgeleitet (vgl. Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 52; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 6 ff.; Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl., § 11 Rn. 37). Richtlinienkonform auszulegen sind dabei zunächst diejenigen Vorschriften, die unmittelbar der Umsetzung einer EU-Richtlinie dienen (Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 63; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 10); darüber hinaus ist aber auch das sonstige nationale Recht im Einklang mit den Vorgaben des Unionsrechts auszulegen, selbst wenn es sich um Vorschriften handelt, die vor oder unabhängig von dem Erlass der Richtlinie ergangen sind (EuGH, Urteil vom 13. November 1990 - C-106/89; Urteil vom 14. Juli 1994 - C-91/92, NJW 1994, 2473, 2474; Urteil vom 16. Juli 1998 - C-355/96, NJW 1998, 3185, 3187).

Infolgedessen besteht die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung auch im Bereich des

 

Strafrechts (Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 560; ders., Internationales und Europäisches Strafrecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 104; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 10 ff.). Sie kann dazu führen, dass unter mehreren vertretbaren Auslegungsvarianten einer Strafnorm diejenige zugrunde zu legen ist, die dem Unionsrecht am besten gerecht wird (s. Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl., § 11 Rn. 46; Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 55; ders., Internationales und Europäisches Strafrecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 93; Hecker, Europäisches Strafrecht, 4. Aufl., § 10 Rn. 15; LK-Weigend, StGB, 12. Aufl., Einleitung Rn. 87; Schönke/Schröder/Eser/Hecker, StGB, 29. Aufl., Vorbemerkungen vor § 1 Rn. 28).

 

Im Hinblick darauf, dass das Landgericht das Betreiben der von dem Angeklagten gestalteten Internetseite seit dem 2. Juli 2007 als Täuschungshandlung gewertet hat und die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung spätestens mit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie besteht (EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006 - C-212/04, NJW 2006, 2465, 2468), war die gemäß Art. 19 bis zum 12. Juni 2007 umzusetzende Richtlinie 2005/29/EG im Tatzeitraum zwar anwendbar; sie erfordert indes keine strafbarkeitseinschränkende Auslegung des Betrugstatbestands.

 

(1) Auch wenn sich die innerstaatliche Rechtsanwendung an den gesamten Wertungsvorgaben des Unionsrechts zu orientieren hat (vgl. Satzger in Sieber u.a., Europäisches Strafrecht, 1. Aufl., § 9 Rn. 51), unterliegt die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung Grenzen. Sie setzt grundsätzlich erst dann ein, wenn der Inhalt der Richtlinie insgesamt oder im angewendeten Bereich eindeutig ist (BGH, Beschluss vom 3. Juni 1993 - I ZB 9/91, GRUR 1993, 825, 826; Urteil vom 5. Februar 1998 - I ZR 211/95, BGHZ 138, 55, 61). Dies gilt auch für den Bereich des Strafrechts. Ein absoluter Vorrang der richtlinienkonformen Auslegung im Bereich des materiellen Strafrechts liefe Gefahr, in Konflikt mit der eingeschränkten Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union auf dem Gebiet des Strafrechts und dem Grundsatz der möglichst weitgehenden Schonung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu geraten (vgl. Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 520, 550 f., 563; Schröder, Europäische Richtlinien und deutsches Strafrecht, 2002, S. 434, 452 f.; Ambos, Internationales Strafrecht, 3. Aufl., 2011, § 11 Rn. 51). Richtlinienvorgaben können aus diesem Grund nicht in jedem Fall vorbehaltlos in das Strafrecht übertragen werden, zumal der Richtliniengeber die Auswirkungen einer andere Lebensbereiche betreffenden Richtlinie auf das Strafrecht eines jeden Mitgliedsstaates mitunter nicht im Blick hat bzw. haben kann (vgl. Schröder, aaO, S. 444, 450). Es bedarf daher der Prüfung, ob der Regelungsinhalt der Richtlinie nach deren Sinn und Zweck auf die Strafnorm durchschlägt (Schröder, aaO, 2002, S. 452 f.; Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht, 2009, S. 119; Rönnau/Wegner, GA 2013, 561, 564). Dabei ist zu beachten, dass der normative Gehalt einer nationalen Vorschrift im Wege der richtlinienkonformen Auslegung nicht grundlegend neu bestimmt werden darf (vgl. Jarass, EuR 1991, 211, 218; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, 2001, S. 533).

 

Nach diesen Maßstäben scheidet eine einschränkende Auslegung des Betrugstatbestands aufgrund der Richtlinie 2005/29/EG aus. Das Leitbild des durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbrauchers hat - dem Zweck des Lauterkeitsrechts entsprechend - primär den Schutz der Dispositionsfreiheit des Verbrauchers im Blick und zielt darauf ab, ihn generalpräventiv vor unlauteren Beeinflussungen vor, bei oder nach Vertragsschluss zu schützen und damit seine (rechtsgeschäftliche) Entscheidungsfreiheit und mittelbar den Schutz der Mitbewerber sowie einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten (vgl. hierzu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 1 Rn. 17; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 1 Rn. 20 f.; Fezer, WRP 1995, 671, 675; Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht, 2009, S. 129 f.). Gemäß Art. 1 bezweckt auch die Richtlinie 2005/29/EG, durch Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über unlautere Geschäftspraktiken zu einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts und zum Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen. Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es keiner Einschränkung des strafrechtlichen Vermögensschutzes. Die Richtlinie verfolgt nicht den Zweck, Geschäftspraktiken straffrei zu stellen, die zu einer Verletzung von Rechtsgütern der Verbraucher führen, und Verhaltensweisen zu privilegieren, die auf die Täuschung unterdurchschnittlich aufmerksamer und verständiger Verbraucher gerichtet sind (Vergho, wistra 2010, 86, 90 f.). Irreführende Geschäftspraktiken, die dazu dienen, den Verbraucher durch gezielte Täuschung an seinem Vermögen zu schädigen, werden von dem Schutzzweck der Richtlinie daher nicht erfasst (vgl. Erb, ZIS 2011, 368, 376; Rönnau/Wegner, GA 2013, 561, 566).

 

Es kommt hinzu, dass eine Begrenzung der Betrugsstrafbarkeit auf solche Täuschungshandlungen, die geeignet sind, einen durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher zu täuschen, dem durch § 263 StGB intendierten Rechtsgüterschutz widerspräche. Eine richtlinienkonforme Auslegung des Betrugstatbestands darf nicht so weit gehen, dass dessen Schutzbereich gegenüber Personen eingeschränkt wird, die intellektuell oder situativ nicht zu einem normativ "durchschnittlichen" Maß an Selbstschutz in der Lage sind (Fischer, aaO Rn. 55a). Denn dadurch würde der strafrechtliche Rechtsgüterschutz gerade solchen Verbrauchern versagt, die in besonderem Maße schutzwürdig sind (Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht, 2009, S. 298 f.). Zu bedenken ist überdies, dass es keinerlei Hinweis dafür gibt, dass der Europäische Richtliniengeber, der den Verbraucherschutz mit seinen Regelungen stärken wollte, diesen Personenkreis zum Zwecke der Harmonisierung dem strafrechtlichen Schutz einzelner Mitgliedsländer entziehen wollte.

 

Eine Beschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes auf durchschnittlich verständige Verbraucher führte überdies zu einer die Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung überschreitenden Normativierung des Täuschungs- und Irrtumsbegriffs. Anders als der Begriff des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der normativ geprägt (vgl. Fezer, WRP 1995, 671, 676; Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 2 Rn. 94, 96; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5, Rn. 1.49 mwN) und deshalb hinsichtlich seiner Reichweite von den Gerichten selbständig zu bestimmen ist (vgl. den Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2005/29/EG sowie EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - C-428/11, GRUR 2012, 1269, 1272), setzt der Betrugstatbestand nach seinem Wortlaut die Erregung eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums voraus. Der Irrtum ist als Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung und der Wirklichkeit eine psychologische Tatsache (vgl. Fischer, aaO Rn. 54; NK-Kindhäuser, 4. Aufl., § 263 Rn. 170), sein Vorliegen ist Tatfrage (Schönke/Schröder/Perron, 29. Aufl., § 263 Rn. 33). Es kommt daher nicht darauf an, was der Getäuschte hätte verstehen müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat (vgl. Vergho, wistra 2010, 86, 89; Schönke/Schröder/Perron, 29. Aufl., § 263 Rn. 32a). Mit diesen Grundsätzen wäre eine Auslegung des Betrugstatbestands nicht in Einklang zu bringen, die - ungeachtet eines bestehenden Täuschungsvorsatzes - Fehlvorstellungen von Verbrauchern, die dem Leitbild des durchschnittlichen Verbrauchers nicht entsprechen, dem strafrechtlichen Rechtsgüterschutz entzieht.

 

(2) Selbst wenn man den vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen nicht folgte, käme jedenfalls in der hier vorliegenden Fallgestaltung eine Einschränkung des Betrugstatbestands aufgrund einer die Vorgaben und Wertungen der Richtlinie 2005/29/EG berücksichtigenden Auslegung nicht in Betracht. Auch dem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entnommenen Leitbild des Durchschnittsverbrauchers (grundlegend EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - C-210/96, WRP 1998, 848, 851) liegt kein besonders aufmerksamer und gründlicher Idealtypus zugrunde (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 5 Rn. 1.48). Vielmehr ist die Sicht eines situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers maßgeblich. Die an den Grad der Aufmerksamkeit zu stellenden Anforderungen bestimmen sich dabei nach dem angesprochenen Personenkreis (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552; Urteil vom 20. Dezember 2001 - I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 716) und der Bedeutung der beworbenen Waren oder Dienstleistungen, so dass die Aufmerksamkeit insbesondere dort eher gering, d.h. flüchtig ist, wo es um den Erwerb geringwertiger Gegenstände des täglichen Bedarfs geht (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, NJW-RR 2000, 1490, 1491; Urteil vom 19. April 2001 - I ZR 46/99, NJW 2001, 3193, 3195; Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01, GRUR 2004, 244, 245). Die Anforderungen an einen aufmerksamen und verständigen Verbraucher, der willens und in der Lage ist, Informationen zur Kenntnis zu nehmen, dürfen deshalb gerade im auf schnelle Botschaften und schnelle Abschlüsse gerichteten Verkehr nicht überspannt werden (Hefendehl in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 263 Rn. 50).

 

Auch nach Art. 5 (2) b) und Art. 5 (3) der Richtlinie 2005/29/EG ist bei der Beurteilung, ob eine Geschäftspraktik unlauter ist, die Sicht eines leichtgläubigen Verbrauchers immer dann maßgeblich, wenn gerade ein solcher Verbraucher für eine Geschäftspraxis oder das ihr zugrunde liegende Produkt besonders anfällig ist; in diesem Fall muss der Verbraucherschutz dadurch sichergestellt werden, dass die Praxis aus der Sicht eines Durchschnittsmitglieds dieser Verbrauchergruppe beurteilt wird (vgl. auch den Erwägungsgrund 19). Wird daher - wie hier - die Entgeltlichkeit einer angebotenen Leistung bewusst verschleiert, um die Unaufmerksamkeit oder Leichtgläubigkeit bestimmter Verkehrskreise auszunutzen, ist kein Raum für eine einschränkende Auslegung des Betrugstatbestands. Dies wird auch durch die im Anhang I der Richtlinie aufgeführten Geschäftspraktiken bestätigt, "die unter allen Umständen als unlauter gelten". Dieser Anhang enthält unter der Nummer 21 als irreführende Geschäftspraxis die Fallkonstellation, dass Werbematerialien eine Rechnung oder ein ähnliches Dokument mit einer Zahlungsaufforderung beigefügt wird, die dem Verbraucher den Eindruck vermitteln, er habe das beworbene Produkt bereits bestellt, obwohl dies nicht der Fall ist. Auch hier ist für den Verbraucher bei sorgfältiger Prüfung erkennbar, dass es sich bei der Zahlungsaufforderung nicht um die Geltendmachung einer bestehenden Forderung handelt. Ein hiermit weitgehend vergleichbarer Sachverhalt lag bereits der Entscheidung BGHSt 47, 1 zugrunde. Die ausdrückliche Aufnahme dieser Fallkonstellation in den Anhang der Richtlinie 2005/29/EG, die durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) als Ziffer 22 in den Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG übernommen worden ist, stützt die schon in der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 6 f.) vertretene Rechtsansicht, wonach weder die Leichtgläubigkeit des Opfers noch die Erkennbarkeit der Täuschung eine Strafbarkeit wegen Betrugs ausschließen (vgl. auch Vergho, Der Maßstab der Verbrauchererwartung im Verbraucherschutzstrafrecht, 2009, S. 316).

 

(3) Die von der Revision angeregte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Die dargelegte Auslegung der Richtlinie ist offenkundig und zweifelsfrei ("acteclaire-Doktrin", vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, NJW 1983, 1257; BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 1 StR 57/10, BGHSt 56, 11, 16).

 

b) Infolge der Täuschung sollte bei den Nutzern ein Irrtum erregt werden. Das Verhalten des Angeklagten zielte darauf ab, den Besuchern der Internetseite eine kostenfreie Nutzung des Routenplanerangebots vorzuspiegeln, um sie damit zunächst zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages und nach Rechnungsstellung zu einer Zahlung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung für ein Routenplanerabonnement zu veranlassen.

 

c) Der Vorsatz des Angeklagten war auch auf die Herbeiführung eines Vermögensschadens gerichtet. Unabhängig davon, ob - wovon das Landgericht ausgegangen ist - bereits das Eingehen der (vermeintlichen) Verbindlichkeit einen Vermögensschaden begründet hätte, war der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet, unter Umgehung eines möglichen Widerrufsrechts die täuschungsbedingt eingegangene Verpflichtung durchzusetzen und den im Bestellvorgang eines "praktisch wertlosen" Routenplaners angelegten Schaden zu realisieren (vgl. UA S. 73). Infolge der Zahlung des Abonnementpreises wäre nicht nur eine Vermögensgefährdung, sondern bereits ein Erfüllungsschaden eingetreten (ausdrücklich zur Abofalle im Internet Fischer, aaO Rn. 178).

 

Der Angeklagte nahm auch zumindest billigend in Kauf, dass die Gegenleistung in Form des dreimonatigen Abonnements den Vermögensverlust nicht kompensieren würde. Nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung tritt aufgrund der Verfügung ein Schaden ein, soweit die Vermögensminderung nicht durch den wirtschaftlichen Wert des Erlangten ausgeglichen wird (BGH, Urteil vom 7. März 2006 - 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 15).

 

Für das Landgericht war es nicht entscheidend, ob die vom Angeklagten versprochene Leistung - das dreimonatige "Abonnement" - "möglicherweise objektiv ihren Preis wert war" (UA S. 74). Es hat angenommen, dass selbst in diesem Fall jedenfalls ein Schaden im Sinne eines "persönlichen Schadenseinschlags" eingetreten sei (UA S. 73/75), weil "die Leistung im Internet auch umsonst erhältlich" war (UA S. 73) und die Nutzer an der Inanspruchnahme eines kostenpflichtigen Routenplaners keinerlei Interesse hatten (UA S. 8). Diese Erwägungen lassen im Ergebnis keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler erkennen.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt die Annahme eines Vermögensschadens auch bei objektiv gleichwertigen Leistungen unter anderem dann in Betracht, wenn der Erwerber, der sich zum Abschluss eines Vertrags entschlossen hat, die versprochene Leistung nicht oder nicht in vollem Umfang zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumut- barer Weise verwenden kann (grundlegend Beschluss vom 16. August 1961 - 4 StR 166/61, BGHSt 16, 321, 326; vgl. auch BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 - 1 StR 550/82, NJW 1983, 1917; Beschluss vom 9. März 1999 - 1 StR 50/99, NStZ 1999, 555; Urteil vom 7. März 2006 - 1 StR 385/05, NStZ-RR 2006, 206, 207). Dasselbe gilt auch für Fälle der so genannten Unterschriftserschleichung, in denen der Getäuschte gar nicht weiß, dass er einen Vertrag abgeschlossen hat und vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist (BGHSt 22, 88, 89; ebenso OLG Hamm, NJW 1969, 624, 625; 1778; OLG Frankfurt am Main, NStZ-RR 2002, 47, 49). Wer durch Täuschung zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages veranlasst wird, erleidet einen Vermögensschaden jedenfalls dann, wenn - wie hier - die vertragliche Gegenleistung unter Beachtung der persönlichen Bedürfnisse für ihn praktisch und damit auch wirtschaftlich wertlos ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juli 1970 - 4 StR 505/69, BGHSt 23, 300, 304; Urteil vom 26. April 2001 - 4 StR 439/00, BGHSt 47, 1, 8; Urteil vom 19. Juli 2001 - 4 StR 457/00, wistra 2001, 386, 387; Senatsbeschluss vom 24. August 2011 - 2 StR 109/11, ZWH 2012, 191, 192).

 

Wird ein Verbraucher, der einmalig einen kostenlosen Routenplaner-Service in Anspruch nehmen will, durch Täuschung zu einem "Abonnement" über drei Monate in der Absicht verleitet, hierdurch ein Entgelt zu erlangen, liegt daher hierin ein auf einen Vermögensschaden gerichteter Betrugsversuch (vgl. auch OLG Frankfurt am Main, NJW 2011, 398, 403), ohne dass es darauf ankäme, ob das Abonnement (mit seinen Zusatzleistungen) möglicherweise nach objektiven Maßstäben seinen Preis wert war. Denn für die hier betroffenen und vom Angeklagten gezielt über den Abschluss eines Vertrags getäuschten Nutzer war diese Gegenleistung subjektiv sinnlos und daher wertlos, da im Internet jederzeit zahlreiche kostenlose Routenplaner verfügbar sind. Dies war dem Angeklagten auch bewusst; ebenso der Umstand, dass der Vermögensverlust für die Nutzer nicht dadurch kompensiert wurde, dass das erworbene "Abonnement" ohne Weiteres und in zumutbarer Weise in Geld umzusetzen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2014 - 5 StR 510/13). Einen Markt für die Veräußerung und den Erwerb kostenpflichtiger Routenplanerabonnements gibt es nicht. Der Vorsatz des Angeklagten war damit auf die Verursachung eines Vermögensschadens bei den getäuschten Nutzern gerichtet.

 

2. Kein Zweifel besteht daran, dass der Angeklagte zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB), indem er das Angebot für ein kostenpflichtiges Routenplanerabonnement auf der von ihm verantwortlich gestalteten Internetseite eingestellt hat, ohne die Kostenpflichtigkeit hinreichend kenntlich zu machen. Dass sich das Landgericht, das lediglich drei der insgesamt 261 Nutzer als Zeugen vernommen hat, nicht die Überzeugung vom tatsächlichen Vorliegen einer Täuschung bzw. eines Irrtums von Internetnutzern verschaffen konnte und deshalb - obwohl zehn Anzeigeerstatter Zahlungen erbracht hatten - nicht von einem vollendeten Betrug ausgegangen ist, lässt auch erkennen, dass sich das Landgericht der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung eingeräumten Möglichkeiten zur Feststellung von Täuschung bzw. Irrtum bei gleichförmigen und massenhaften Geschäften nicht bewusst war (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 - 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434 [insoweit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt]; aus jüngerer Zeit: BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 423; Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, wistra 2014, 97, 98). Die Verurteilung lediglich wegen versuchten Betrugs beschwert den Angeklagten indes nicht.

 

3. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe mit Kenntnis der gegen ihn bzw. gegen die von ihm geführten Unternehmen ergangenen zivilrechtlichen Entscheidungen im Sommer 2007 die Einsicht gehabt, Unrecht zu tun, hält rechtlicher Nachprüfung stand.

 

Aufgrund dieser Entscheidungen war dem Angeklagten bekannt, dass die von ihm gewählte Gestaltung der Internetseiten gegen zivilrechtliche Normen, unter anderem gegen die Preisangabenverordnung, verstieß. Damit war die Grundlage für das bis dahin aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme angenommene Fehlen des Unrechtsbewusstseins entfallen. Soweit er in der Folgezeit (weiter) womöglich meinte, aus seiner Sicht bestehende Strafbarkeitslücken auszunutzen, schließt dies jedenfalls - worauf das Landgericht unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Rechtsprechung zutreffend hinweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2006 - 2 BvR 954/02) - dann, wenn - wie auch hier - zum Tatzeitpunkt höchstrichterliche Entscheidungen noch nicht vorliegen, die Vorstellung der Möglichkeit mit ein, sich bei einer Fehlinterpretation der Gesetzeslage strafbar zu machen, und legt zumindest die Annahme einer bedingten Unrechtseinsicht nahe. Die Strafkammer hat ungeachtet dessen im Sommer 2007 Verschleierungshandlungen des Angeklagten, etwa die Einschaltung von Scheingeschäftsführern, Umfirmierungen und Sitzverlegungen, festgestellt, für die er nachvollziehbare Gründe nicht anzugeben vermochte. Soweit sie daraus schließt, diese Maßnahmen hätten dazu gedient, seine eigene Verantwortlichkeit zu verdecken und eine (persönliche) Inanspruchnahme zu erschweren, belegt dies nachhaltig, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt das erforderliche Unrechtsbewusstsein tatsächlich besessen hat.

 

4. Der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Überprüfung ebenfalls stand.

Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sowohl gewerbsmäßig als auch in der Absicht gehandelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen, und dadurch die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB erfüllt, ist nicht zu beanstanden. Wie das Land- gericht festgestellt hat, betrieb der Angeklagte neben der Internetseite "www.routenplanerserver.com" weitere Internetseiten, die "ein nahezu identisches Layout" aufwiesen (UA S. 8). Damit hat das Landgericht die Absicht des Angeklagten, durch mehrere Straftaten eine große Anzahl von Internetnutzern zu täuschen und an ihrem Vermögen zu schädigen und sich dadurch eine fortwährende Einnahmequelle zu verschaffen, hinreichend belegt.

 

Die konkurrenzrechtliche Einordnung der abgeurteilten Handlungen als eine Tat schließt ein gewerbsmäßiges Handeln im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB nicht aus, wenn sich die Absicht des Angeklagten - wie hier - auf die fortgesetzte Begehung von Betrugstaten richtete (Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2013 - 2 StR 342/13). Gleiches gilt für das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB, das auch den Fall des Massenbetrugs mit jeweils geringen Schadenssummen erfasst. Liegt die erforderliche Absicht der Begehung von wenigstens zwei für den Täter rechtlich selbständigen Betrugstaten vor (vgl. Fischer, aaO Rn. 219; Schönke/Schröder/Perron, 29. Aufl., § 263 Rn. 188d), begründet bereits die einmalige Tatbegehung einen besonders schweren Fall des Betrugs (BGH, Beschluss vom 9. November 2000 - 3 StR 371/00, NStZ 2001, 319, 320).

 

Allerdings hat das Landgericht, das den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB gemäß § 23 Abs. 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemildert hat, nicht erörtert, ob der vertypte Strafmilderungsgrund des § 23 Abs. 2 StGB - gegebenenfalls zusammen mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen - geeignet war, von der Annahme eines besonders schweren Falls abzusehen (vgl. Senatsbeschluss vom 27. März 2012 - 2 StR 41/12, NStZ-RR 2012, 207). Aufgrund des Tatbildes und des Umstandes, dass der Angeklagte zwei Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 StGB erfüllt hat, schließt der Senat jedoch aus, dass das Landgericht bei entsprechender Prüfung einen für den Angeklagten günstigeren Strafrahmen zugrunde gelegt hätte.

 

5. Die Entscheidung des Landgerichts, infolge einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung einen Vollstreckungsabschlag von vier Monaten auf die verhängte Strafe zu gewähren, lässt unter Berücksichtigung des im Rahmen der Sachrüge eröffneten Prüfungsumfangs (vgl. hierzu Senatsurteil vom 23. Oktober 2013 - 2 StR 392/13) einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht erkennen.

 

Fischer               Appl               Krehl                 Ott                 Zeng